12.7.2024
Wer hat das nicht schon einmal beobachtet: Beim Spaziergang durch die Stadt bleibt ein Kind plötzlich stehen und schaut gebannt
auf eine Baustelle. Dort wird ein neues Familienhaus gebaut. Kräne schwenken große Betonplatten in die Höhe, Frontlader transportieren Schutt, und Lastwagen liefern fertige Treppenteile. Ein weiterer LKW pumpt Zement über einen langen Schlauch bis in den dritten Stock.
In diesem Moment eröffnet sich eine faszinierende Welt der Technik, und solche Erlebnisse hinterlassen einen bleibenden Eindruck – und das nicht nur bei Kindern. Ebenso fasziniert sind Jugendliche, wenn sie auf ihren Smartphones durch soziale Medien streifen und sich mit dem nächsten Swipe vom 132. zum 133. Short bewegen. In der Sprache der jungen Menschen ist das einfach "krass, Digga".
Plattformen wie Instagram, TikTok und Co. sind beeindruckende Erzeugnisse intelligenten Erfindergeistes und technologischer Perfektion. Gleichzeitig ist das Nutzungsverhalten über diese Kanäle besorgniserregend, da junge wie auch ältere Menschen sich bereitwillig beeinflussen lassen und meist zum Empfänger, statt zum bewussten Nutzer werden. Oft wissen wir, was diese Geräte und Apps können, aber selten wird verstanden, wie sie technisch funktionieren. Diese Technologien werden somit zu modernen Wundern, die uns im Alltag begleiten.
Mit dem Start des Schuljahres 2023/2024 begann an unserer Schule ein neues und spannendes Projekt: "Farmbot – Farm the Future". Dieses fächerund jahrgangsübergreifende Schulprojekt bietet unseren Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, sich mit Kreativität und innovativen Ideen den drängenden Problemen der Nahrungsmittel- und Wasserknappheit der kommenden Jahrzehnte zu stellen. Der FarmBot ist ein autonomes Robotersystem, das die Prinzipien der Präzisionslandwirtschaft auf kleinere landwirtschaftliche Flächen und private Gärten überträgt.
Das Projekt umfasst vielfältige technische Aspekte: Zunächst wird die landwirtschaftliche Fläche oder der Arbeitsbereich des Bots vorbereitet. Bauteile müssen gefertigt und präzise montiert werden. Die Steuerung des FarmBots erfolgt über eine plattformübergreifende Anbindung, sodass er per App von überall aus bedient werden kann. Dabei wird der Source-Code für die Steuerung sowie die API-Schnittstellen individuell angepasst. Mechanische und elektrische Komponenten werden sorgfältig verschraubt und verkabelt, was fundierte Kenntnisse in Technik und Handwerk erfordert. Vor dem Bau wird alles detailliert anhand technischer Zeichnungen und 3D-Modelle geplant und konzipiert.
Nach der Fertigstellung erfolgen regelmäßige Wartungsarbeiten, bei denen Bauteile ausgebessert oder ersetzt werden müssen.
Man könnte sagen, es ist ein greifbarer Lebenszyklus einer Maschine, der es ermöglicht, wichtige Konzepte der technischen und theoretischen Informatik zu beobachten und zu entdecken.
In der ersten Phase des Projekts setzten wir uns intensiv mit den Bauteilen und der Funktionsweise eines PCs auseinander. Wir haben eigenständig Rechner zusammengebaut, Bootsticks erstellt, Betriebssysteme und Firmware installiert. Zusätzlich erlernten wir das technische Zeichnen und begannen mit dem Erstellen von 3D-CAD-Modellen. Für die kollaborative Arbeit nutzen wir speziell eingerichtete Accounts in unserer schuleigenen Office-365-Umgebung.
Ein bedeutender Meilenstein war die Anschaffung eines 3D-Druckers, der eine zentrale Rolle in unserem Projekt einnimmt. Mit diesem Gerät planen wir, den FarmBot neu zu skalieren und kleinere, angepasste Prototypen zu entwickeln. Die von uns erstellten 3D-CAD-Modelle werden genutzt, um alle nicht-elektronischen Komponenten mit dem 3D-Drucker zu fertigen. Die Materialauswahl umfasst Polycarbonat, Nylon, PLA oder Carbonverstärktes PETG, je nach spezifischem Einsatzbereich der Bauteile.
Auf unserem bisherigen Weg hatten wir bereits wertvolle Unterstützung. Die Firma Startzeit hat uns auf interessante Messen und Technikwettbewerbe gebracht und uns Kontakte zu regionalen Unternehmen ermöglicht. Zudem haben wir Rechentechnik, digitale Infrastruktur und Arbeitsmittel für unsere Elektronikwerkstatt von unserem Systemhaus "NetSys24" sowie vom regionalen ITDienstleister "ComService GmbH" erhalten. Diese Unterstützung, zusammen mit dem kürzlich gewonnenen Preisgeld bei einem Wettbewerb für innovative Ideen, hat uns in eine gute Position gebracht und war entscheidend für den bisherigen Erfolg unseres Projekts.
Sören Leonhardt - Fachlehrer für Informatik und Sport